Wenn Eltern streiten

Wenn die Eltern streiten

Von Kindern kennt man das. Sie geraten schnell einmal in Streit mit Geschwistern, mit ihrem Freund/ihrer Freundin, mit Kindern in der Kita oder in der Klasse. Die Eltern dienen dann als Streitschlichter, indem sie entweder direkt eingreifen und schlichten oder die Kinder sie zum „Dampf ablassen“ nutzen. Mama und Papa bekommen dann zu hören, wie gemein, ungerecht und doof die Freundin/der Freund oder die Schwester/der Bruder ist. Die Eltern hören zu, nehmen Anteil und trösten. Kurz: sie fangen die Emotionen der Kinder auf.

Wenn die Eltern streiten, ist dies für Kinder eine ganz andere Situation. Jeder Streit zwischen den Eltern ist für Kinder kaum auszuhalten.

Kleine „Alltags-Streitigkeiten“, die in jeder Beziehung hin und wieder vorkommen, können für Kinder jedoch auch ein gutes Modell darstellen, richtig streiten zu lernen. Wenn man seinem Ärger Luft machen, gemeinsam über Lösungsmöglichkeiten sprechen und sich dann wieder vertragen kann, ist das für Kinder ein tolles Beispiel von Konfliktlösung und schult soziale Fertigkeiten.

Diese Tipps helfen dabei:

1. Bleiben Sie respektvoll. Benutzen Sie keine Schimpfwörter und werden Sie nicht persönlich. Auch wenn Sie so richtig wütend sind, sollten Sie der Partnerin/dem Partner respektvoll begegnen. Und das nicht nur den Kindern zuliebe.

2. Unterbrechungen sind erlaubt.Wenn es Ihnen gerade zu viel wird und Sie befürchten, dass die Diskussion hochkocht, vertagen Sie den Streit, bis Sie sich etwas beruhigt haben. Betonen Sie jedoch, dass Sie zu einem späteren Zeitpunkt darüber noch einmal in Ruhe reden möchten.

3. Lassen Sie die Andere/den Anderen ausreden. Auch wenn Sie bereits zu wissen glauben, was Ihre Partnerin/Ihr Partner sagen möchte, reden Sie ihr/ihm bitte nicht einfach rein.

4. Schauen Sie Ihr Gegenüber beim Reden an. Dies signalisiert Aufmerksamkeit und gibt Ihnen außerdem die Möglichkeit aus der Mimik und der Körpersprache Signale aufzufangen.

5. Entschuldigungen sind richtig und wichtig. Wenn Sie einen Fehler einsehen, geben Sie dies offen zu ohne gleichzeitig den „schwarzen Peter“ doch noch jemanden Anderen zuschieben zu wollen. Nehmen Sie Entschuldigungen an ohne weiter verletzt oder beleidigt zu sein.

6. Und zu guter Letzt: Vertragen Sie sich wieder! Dies können Sie gut untermauern mit einer kleinen Umarmung, einem Küsschen oder wenigstens einem Lächeln.

Trennung/Scheidung

Ganz anders verhält es sich, wenn sich zwischen den Eltern eine Trennung/Scheidung anbahnt. Kinder haben sehr feine „Antennen“ für die Stimmungen ihrer Eltern. Die oft angespannte Atmosphäre zwischen den Eltern verunsichert sie, selbst wenn die Eltern versuchen nicht vor den Kindern zu streiten. Manche Kinder reagieren auf ständigen Streit und Ärger in der Familie mit Kopf- und Bauchschmerzen, Schlafstörungen, Entwickeln von Ängsten und Problemen in der Schule oder im Sozialverhalten. Lautstarke und heftige Auseinandersetzungen zwischen den Eltern rufen bei Kindern oft Aggressionen hervor, die sie allein nicht händeln können. Kinder sind hin- und hergerissen zwischen der Hoffnung, dass alles wieder gut wird und der Angst, dass etwas Schlimmes passiert.

Trotz der belastenden Situation können Eltern einiges tun, um ihre Kinder zu entlasten.

Dazu einige Anregungen:

1. Tragen Sie Partnerschaftsprobleme nicht vor den Kindern aus. Die Themen zwischen einem Paar können von Kindern noch nicht verstanden werden und überfordern sie maßlos. Selbst Jugendliche sind damit überfordert und stürzen sie oft in emotionale Krisen.

2. Versuchen Sie „Konflikt“-Zeiten zu vereinbaren und einzuhalten. An Ihrem Arbeitsplatz z.B. haben Ihre Partnerschaftsprobleme nichts zu suchen. Sie verlagern Sie automatisch auf die Freizeit. Diese Vorgehensweise können Sie auch auf den häuslichen Bereich ausweiten. Sind die Kinder in der Nähe, verlagern Sie die Konflikte auf einen späteren Zeitpunkt. Diese Vorgehensweise gehört mit dem Partner besprochen und mitgetragen, damit sie funktioniert.

3. Kein lautstarkes Streiten im häuslichen Umfeld oder in der Nähe der Kinder. Schreien, Brüllen oder sogar Gegenstände werfen löst bei Kindern große Angst aus. Es macht sie hilflos und/oder aggressiv.

4. Ziehen Sie die Kinder nicht auf „Ihre Seite“. Kinder lieben in aller Regel beide Eltern. Der Versuch, Kinder auf eine der beiden Seiten zu ziehen, stürzt sie in Loyalitätskonflikte.

5. Teilen Sie den Kindern mit, dass der Streit nichts mit ihnen zu tun hat. Besonders jüngere Kinder beziehen noch alles auf sich und gewinnen schnell den Eindruck, dass die Eltern wegen ihnen streiten. Sie erinnern sich dann z.B. daran, dass die Eltern oft wegen Erziehungsfragen gestritten haben.

6. Sprechen Sie gemeinsam mit den Kindern über die anstehende Trennung. Damit vermitteln Sie den Kindern, dass Sie sich auch zukünftig gemeinsam um sie kümmern und sorgen werden. Sorgen Sie dafür, dass die Kinder sich nicht für die Trennung verantwortlich fühlen.

7. Ziehen Sie nicht einfach in einer „Nacht-und-Nebel“- Aktion aus. Ein Kind fühlt sich zu Recht nicht wichtig und unbeachtet, wenn eine wichtige Bezugsperson so einfach mir nichts, dir nichts auszieht. Es fühlt sich verlassen und muss folglich Angst um den Fortbestand der Beziehung haben.

8. Lassen Sie alle Gefühle der Kinder zu. Kinder reagieren mit Wut, Angst, Hilflosigkeit, Verzweiflung und Traurigkeit auf eine Trennung. Manche Eltern versuchen diese Gefühle „weg zu trösten“ oder zu bagatellisieren. Diese Gefühle ausdrücken zu dürfen, ist für Kinder in dieser Situation besonders wichtig. Nur so können sie die Trennung verarbeiten. Besonders Jugendliche drücken mit Rücksicht auf die sowie so schon belasteten Eltern ihre eigenen Gefühle nicht aus und versuchen, allein damit fertig zu werden.

Jedes Kind reagiert je nach Alter und Temperament unterschiedlich auf Streit und Trennung der Eltern. In vielen Studien haben Psychologen herausgefunden, dass die Kinder zwar unter jeder Trennung leiden, jedoch stellt die Art und Weise der Trennung das größere Problem dar.

PraxisTGK
 

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